Seltene Erkrankungen

Individuell lebensgefährlich

Von Helge Denker · 2014

Unter den Seltenen Erkrankungen tauchen auch etwa hundert seltene Formen von Krebs auf. Diese unterscheiden sich sehr stark, was Heilungschancen, Behandlungsmöglichkeit und die Neigung zur Bildung von Metastasen betrifft. Doch immer mehr Ärzte sind auch auf Patienten mit seltenen Krebsformen gut vorbereitet.

Aussagen von Ärzten, wie „Diese Krebserkrankung kommt äußerst selten vor“ oder „Das haben wir hier noch nie gesehen“, werfen bei Krebspatienten und Angehörigen viele Fragen auf. Laut dem Krebsinformationsdienst berichten betroffene Patienten dann oft von ihrer Angst, dass möglicherweise keine Behandlungsansätze für ihre Erkrankung existieren könnten. Doch in der Praxis greifen Ärzte auch bei der Behandlung Seltener Erkrankungen auf vorhandene Erfahrungen zurück und nutzen eine bei ähnlichen Erkrankungen übliche und bewährte Therapie. Für einige seltene Tumorerkrankungen existieren sogar eigene medizinische Leitlinien, an denen sich Ärzte bei der Behandlung orientieren können. Selten heißt dabei nicht nur, dass von einer Erkrankung nur relativ wenige Menschen betroffen sind: Unter Umständen ist der diagnostizierte Tumor an sich gar nicht selten, sondern lässt sich einer häufigeren Krebsart zuordnen – er ist nur an einem ungewöhnlichen Organ oder Gewebe entstanden.

Krebserkrankung während der Schwangerschaft

Auch andere, schon vorher bestehende Erkrankungen können dazu führen, dass für einen Tumorpatienten nicht jede der üblichen Krebsbehandlungen infrage kommt, sondern individuelle Lösungen gefunden werden müssen. Eine besondere Situation ist zum Beispiel eine Krebserkrankung während der Schwangerschaft. Es gibt viele weitere Faktoren, die eine eigentlich nicht ungewöhnliche Krankheitssituation besonders machen. So wachsen einige Tumoren unter bestimmten Therapien sogar, oder sie entstehen an anderen Stellen neu. Ein anderes Beispiel sind Weichteilsarkome, also Krebserkrankungen des Binde- und Stützgewebes. Von den etwa 80,5 Millionen Menschen in Deutschland erkranken pro Jahr knapp 4.000 daran, also etwas weniger als fünf von 100.000 Einwohnern. Weichteilsarkome sind damit wesentlich seltener als beispielsweise Brustkrebs mit mehr als 70.000 neuen Patientinnen oder Prostatakrebs mit mehr als 65.000 Neuerkrankungen pro Jahr.

Die Gruppe der Weichteilsarkome umfasst zahlreiche Unterformen, wie beispielsweise Liposarkome, Rhabdomyosarkome oder Leiomyosarkome. Es gibt zudem Tumorarten, die zwar im weitesten Sinn Weichteilsarkome sind, in Statistiken aber meist als eigenständige Krebsart erfasst werden, etwa Mesotheliome. Hinzu kommt: Weichteilsarkome treten an ganz unterschiedlichen Stellen im Körper auf, etwa an Armen, Beinen, im Bauchraum, oder in verschiedenen Organen. Es kann daher vorkommen, dass ein Arzt zwar viele Patienten mit Weichteilsarkomen behandelt hat, aber eine bestimmte Weichteilsarkom-Unterart oder die Erkrankung an einem bestimmten Körperteil erst wenige Male gesehen hat. Dennoch ist ein Patient mit einem Weichteilsarkom in der Regel kein „medizinischer Einzelfall“. Ärzte in größeren Kliniken wissen meist genau, welche Therapiemöglichkeiten es gibt. Sie können laut Krebsinformationsdienst auf eine große Anzahl veröffentlichter Studien und Behandlungsempfehlungen zugreifen – und im Zweifel an ein spezialisiertes Zentrum für Seltene Erkrankungen überweisen.

Nur 750 Patienten erkrankten an Knochen- und Knorpelkrebs

Wie oft einzelne Krebserkrankungen auftreten, werten in Deutschland die Krebsregister aus. Sie fassen in ihren statistischen Erhebungen Zahlen zu Tumorlokalisationen zusammen und orientieren sich dabei am jeweiligen Oberbegriff für die Erkrankungen. In den Registern werden auch Krebserkrankungen aufgeführt, die nur wenige Menschen betreffen: an Morbus Hodgkin, einer Lymphomform, erkrankten 2010 nur etwa 2.200 Patienten. Unter dem Punkt „seltene Lokalisationen“ finden sich in der Krebsregister-Broschüre „Krebs in Deutschland 2014” auch erstmals Zahlen zu weiteren seltenen Tumorarten: Dazu zählen beispielsweise Tumoren des Dünndarms, etwa 1.830 Menschen erkrankten 2010 neu daran; oder Tumoren in Knochen und Knorpel, etwa 750 Menschen waren 2010 erstmals betroffen. Neue molekularbiologische Verfahren ermöglichen es, immer mehr individuelle Eigenschaften eines Tumors zu identifizieren. Dadurch lassen sich auch mehr und mehr Unterformen einer Krebsart beschreiben. Mediziner hoffen, Patienten auf dieser Basis in Zukunft zielgerichtete Behandlungen anbieten zu können, die genau auf die Eigenschaften ihres Tumors zugeschnitten sind.

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