Amyotrophe Lateralsklerose

Neue Forschung macht Hoffnung

Von Eva Herzog · 2014

Durch Muskelverkrampfungen am ganzen Körper sind ALS-Patienten extrem eingeschränkt.

Unter den neurodegenerativen Erkrankungen ist die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) sicher ein Härtefall. Da hauptsächlich die motorischen Anteile des Nervensystems betroffen sind, kommt es innerhalb kurzer Zeit zu unaufhaltsamen Lähmungen des Körpers. Ein Mittel, das die Krankheit heilt, gibt es bisher nicht. Ein Regensburger Professor möchte das jetzt ändern.

Was vor einem Jahr begann, war für die ganze Familie von Hildegard K. (58) ein riesiger Schock. Zunächst waren es Gang­störungen, motorische Störungen in Armen und Beinen und immer schneller kamen weitere Symptome hinzu. Mittlerweile sitzt Hildegard K. im Rollstuhl und ihr fällt sogar das Sprechen schwer. Alle in der Familie dachten zunächst, sie leide an den möglichen Folgen eines nicht bemerkten Schlaganfalls. Doch nachdem Hausarzt und Neurologe zahlreiche Untersuchungen durchführten, ergaben elektromyografische und elektroneurografische Untersuchung eine klare Diagnose: Hildegard K. leidet an Amyotrohper Lateralsklerose, kurz: ALS. Diese Seltene Erkrankung betrifft in Deutschland derzeit circa 7.000 Menschen im Alter zwischen 50 und 70 Jahren und jährlich werden bis zu 2.000 Neuerkrankungen verzeichnet. Männer sind dabei häufiger betroffen als Frauen.

Die Ursachen sind nicht klar zu benennen

Während andere Erkrankungen auf äußere Einflüsse zurückzuführen sind, handelt es sich bei ALS um eine irreversible, degenerative Erkrankung des Nervensystems. Dabei kommt es zu einer Schädigung der Nervenzellen (Neuronen), die für die Muskelbewegungen verantwortlich sind. Es können dabei die motorischen Nervenzellen, die sogenannten ersten Motoneuronen, die sich in der motorischen Hirnrinde befinden, als auch die zweiten Motoneuronen des Rückenmarks und die Zellen des Hirnstamms betroffen sein. Die Axone der ersten Motoneuronen haben Verbindung zu den zweiten Motoneuronen, die wiederum mit der Skelettmuskulatur in Verbindung stehen und diese innervieren. Werden diese Verbindungen degenerativ geschädigt, führt das zu Lähmungen, Paresen und Amyotrophie (Muskelschwund).

Meist sind zunächst Hände, Arme und Beine betroffen, dann folgen oft die Stimme und später auch die Atemmuskulatur und der Schluckreflex. Die Muskulatur verkrampft sich nach und nach am ganzen Körper. Dabei verlangsamt sich beispielsweise die Sprache, es kann zu einer Kiefersperre kommen und zum Stillstand der Atemmuskulatur. Für die Betroffenen kann es sehr hilfreich sein, schon in einem sehr frühen Stadium der Krankheit mithilfe von Logopäden bestimmte Methoden zu erlernen, wie das Sprechen erleichtert werden kann. Da sich die Krankheit bisher nicht aufhalten lässt, kommt es im Verlauf der Krankheit häufig innerhalb weniger Jahre zum Tode. Die Ausnahme bildet hier die chronisch juvenile ALS, die durch einen langen Krankheitsverlauf gekennzeichnet ist. Ein Mann, der beispielsweise davon betroffen ist, ist der berühmte Physiker Stephen Hawking. Auch der New York Yankees-Baseballspieler Lou Gehrig erkrankte an als und hat mit seinem Tod 1941 – innerhalb von zwei Jahren nach der Diagnose – die Krankheit erstmals öffentlich ins Gespräch gebracht. Daher wird als auch als Lou-Gehrig-Syndrom bezeichnet.

Symptome lindern, Psyche kräftigen

Bisher gilt die Krankheit als nicht heilbar. Demnach zielt die Therapie der ALS darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Im Idealfall werden die Betroffenen in einem interdisziplinären Team aus Ergotherapeuten, Psychotherapeuten, Logopäden, Orthopäden und Pneumologen und dem Hausarzt betreut. Aber auch Psychologen spielen eine große Rolle, denn viele Patienten entwickeln, mit der sich verändernden körperlichen Situation, Depressionen und Angstzustände. Außerdem kommt es bei 50 Prozent der Patienten zu einem plötzlichen, unangemessenen Lachen oder Weinen, was je nach Wunsch des Erkrankten mithilfe von Antidepressiva behandelt werden kann.

Medikamentös greift bei ALS bisher nur eine Substanz aus der Gruppe der Benzothiazole. Als neuroprotektive Therapie wird es dafür eingesetzt, dem Untergang der Nervenzellen entgegenzuwirken. In Studien hat sich gezeigt, dass sich durch die Gabe von Benzothiazolen zwar eine Verlängerung der Überlebenszeit bewirken lässt, doch häufig ist damit auch nur ein Zeitaufschub von wenigen Monaten zu gewinnen. Doch es gibt Grund zur Hoffnung, denn der Regensburger Wissenschaftler Professor Dr. Ulrich Bogdahn, Inhaber des Lehrstuhls für Neurologie der Universität Regensburg, wurde am 10. April beim GO-Bio Wettbewerb des Bundesministeriums für Forschung gekürt. Mit einem Gesamtbudget von knapp vier Millionen Euro wird sein Forschungsprojekt dabei unterstützt, ein Medikament gegen ALS zu entwickeln, das die Neubildung von Nervenzellen reaktiviert. Damit soll so es möglich werden, den Krankheitsverlauf zu verzögern oder möglicherweise sogar ganz zu stoppen.

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