Pulmonale Hypertonie

Unterversorgt

Von Mike Paßmann · 2014

Wenn einem die Luft bei geringen Anstrengungen wegbleibt, kann das viele Ursachen haben. Häufig vergeht ein langer Zeitraum, bis Mediziner dahinter Lungenhochdruck vermuten. Dahinter steht vielfach – unbeabsichtigt – mangelndes Wissen über die Erkrankung. Frühzeitig begonnene Therapien können die Symptome über Jahre lindern, heilbar ist die pulmonale Hypertonie jedoch nicht.

Erste Hinweise auf Probleme mit der Lunge lassen sich beim Abhören feststellen. Für die Diagnose von Lungenhochdruck kommen noch EKG und Rechtsherzkatheteruntersuchung infrage.

Im Laufe des Jahres 2003 bekommt Inge Meier immer schlechter Luft, sie fühlt sich müde und abgeschlagen, ihr ist ständig schwindelig. Ihr Arzt führt die Beschwerden auf mangelnde Bewegung und den beruflichen Stress zurück. Die Therapieempfehlung: Viel frische Luft, lange Spaziergänge und bei der Arbeit etwas langsamer machen. Doch das alles hilft nichts. Als sie zu dieser Zeit im Fernsehen zufällig eine Reportage über Pulmonale Hypertonie, kurz: PH, schaut, ist sie sicher, an dieser Krankheit zu leiden. Sie lässt sich nun gezielt auf PH hin untersuchen – und bekommt ihren Verdacht bestätigt. Prognostizierte Lebenserwartung: zwei bis drei Jahre. Viel mehr können ihr die Ärzte nicht sagen, es gibt kaum Informationen zum Verlauf, zu Therapien.

Gefährlicher Rückstau

Elf Jahre später führt sie noch immer ein halbwegs eigenständiges Leben. „Ich hatte Glück“, erzählt sie, „weil ich recht bald nach der Diagnose an klinischen Studien teilgenommen habe und medikamentös optimal versorgt wurde. Die Therapien wurden seit meiner Diagnose massiv verbessert.“ So viel Glück wie Inge Meier haben längst nicht alle Menschen, denn bis die korrekte Diagnose gestellt wird, vergehen meist ein paar Jahre. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, schreitet sie weiter fort und kann zu Herzversagen führen. Der Grund dafür liegt in einer Überlastung des Herzens durch verengte Lungenarterien, wodurch das Blut nicht mehr richtig fließt. Blutdruck und Widerstand in den Lungenarterien steigen an, es kommt zu einem Blutrückstau auf der rechten Herzseite und somit zu einer verminderten Pumpleistung (Rechtsherzinsuffizienz). Dieser Teil des Herzens sorgt jedoch dafür, dass das Blut durch die Lungen gepumpt und mit Sauerstoff angereichert wird. Die Folge: Sauerstoffunterversorgung sowie eine mitunter lebensbedrohliche Vergrößerung der rechten Herzkammer.

Frühe Differenzialdiagnostik wichtig

Eine Vielzahl von Erkrankungen kann zu unterschiedlichen Formen von PH führen. Das sind zum Beispiel entzündliche Autoim­munkrankheiten, die das Bindegewebe im Körper angreifen, angeborene Herzfehler mit Überlastung der Lunge sowie ein lang anhaltender Sauerstoffmangel bei Lungenerkrankungen. Tritt Atemnot während geringer Alltagsbelastungen auf und werden Lungen- sowie Linksherzerkrankungen ausgeschlossen, besteht meist der Verdacht auf Pulmonale Hypertonie. Eine Rechtsherzkatheteruntersuchung bringt dann Klarheit. Erfolgt die Differenzialdiagnostik frühzeitig – möglichst in einem der derzeit 27 spezialisierten Zentren für diese Erkrankung –, bremsen chirurgische Eingriffe und Medikamente den Verlauf. Zum Einsatz kommen hier unter anderem Gerinnungshemmer und Entwässerungsmittel, aber auch eine ganze Reihe spezifischer Wirkstoffe, die einzeln genommen oder kombiniert werden können. Derzeit befinden sich einige Erfolg versprechende Arzneimittel in der klinischen Erprobung. Geheilt werden kann die Erkrankung jedoch nicht.

Wissen verbreiten

Damit die Diagnose pulmonale Hypertonie in einem frühen Stadium gestellt werden kann, muss es bei Haus- und Fachärzten zu einer vermehrten Wahrnehmung dieser Erkrankung kommen. Nur dann ist meist eine erhebliche Reduzierung der Symptome möglich. Kommt ein Hausarzt bei einem Patienten, der über lange Zeit über Atemnot, klagt nicht weiter, sollte er ihn unbedingt zu einem Lungenfacharzt überweisen. Pharmaunternehmen und Patientenverbände leisten hier wichtige Informationsarbeit – damit in Zukunft Betroffene wie Inge Meier ihre Diagnose nicht selbst per TV stellen.

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