Narkolepsie

Wenn der Schlaf macht, was er will

Von Alexandra Grossmann · 2014

Menschen, die an der Schlafkrankheit leiden, schlafen überall und zu jeder Zeit. Sie haben Lähmungen und Halluzinationen, ihr Alltag wird von den Folgen der Symptome dieser Erkrankung geprägt. Doch wer sich anpasst, kann mit ihr durchaus leben.

Schlafen, wo immer man sich gerade befindet, ist für Narkoleptiker problematisch.

Plötzliche oder lang anhaltende Müdigkeit und der Zwang zu Schlafen sind nicht die einzigen Symptome der Narkolepsie, im Volksmund Schlafkrankheit genannt. Plötzlich schlaffe oder gelähmte Muskeln zählen ebenfalls dazu, meist hervorgerufen durch starken Stress oder Emotionen wie Lachen oder Wut: Diese Kataplexien (Verlust des Muskeltonus) gibt es nur im Zusammenhang mit Narkolepsie. Häufig kommt es auch zu Schlaflähmungen, den Schlafparalysen, bei denen jede Bewegung trotz klaren Bewusstseins unmöglich ist, ebenso zu Halluzinationen beim Übergang zwischen Schlaf und Wachsein und einem unruhigen Schlaf in der Nacht.

Probleme bei der Arbeit


Weitere Symptome, oft infolge des gestörten Schlafrhythmus, sind Kopfschmerzen und Schwindel sowie Sehstörungen und Konzentrationsprobleme bis hin zu Gedächtnisverlust. Bleibt die Krankheit unerkannt, treten zuweilen Depressionen auf, denn Narkolepsie ist eine gravierende persönliche Belastung für die Betroffenen. Sie sind im Alltag beeinträchtigt, sowohl in der Familie als auch im sozialen Umfeld ist der Umgang mit ihnen schwierig, viele können ihrer Arbeit nicht nachgehen und werden frühzeitig verrentet.

Schätzungen zufolge sind in Deutschland etwa 40.000 Menschen an Narkolepsie erkrankt. Genaue Zahlen gibt es nicht, weil die Krankheit häufig lange nicht erkannt wird: Sie kann rasch und mit allen Symp­tomen auftreten, sich aber auch langsam und schleichend entwickeln. Das Krankheitsbild kann sehr unterschiedlich ausfallen.
Demzufolge ist die sichere Diagnose nicht immer einfach, insbesondere wenn das typische Symptom Kataplexie fehlt. Der Krankheitsverlauf kann schleichend sein und die Ausprägung der Symptome können individuell sehr unterschiedlich ausfallen. Ist aber eine extreme Schläfrigkeit über mindestens drei Monate hinweg täglich vorhanden, sollte ein Facharzt konsultiert werden.

Schwierige Diagnose


Dieser untersucht im Schlaflabor mit einem Schlaflatenztest (MSLT) die Tagesschläfrigkeit. Mithilfe einer Polysomnographie (PSG) werden während des Schlafs unter anderem Atmung, Herzfunktion und Augenbewegung überwacht. Bei Narkoleptikern fallen zwei Besonderheiten auf: Erstens brauchen sie zum Einschlafen nur wenige Minuten. Zweitens erreichen sie die REM-Phasen viel früher als gesunde Menschen. Darüber hinaus kann mithilfe einer Nervenwasserpunktion der Spiegel des Botenstoffs Hypocretin ermittelt werden, der im Falle einer Narkolepsie extrem niedrig, beziehungsweise gar nicht nachweisbar ist.

Die Ursachen für die Erkrankung sind nicht genau bekannt. Man geht heute von einer Autoimmunerkrankung aus, die durch eine Störung des zentralen Nervensystems verursacht wird. Der Verlust des Muskeltonus bei Kataplexien und Schafparalysen zum Beispiel sind üblich im nächtlichen REM-Schlaf – nicht aber außerhalb dieser Schlafphase, ohne Übergang und zu ganz anderen Zeiten. Psychische Störungen stehen nicht im Zusammenhang mit Narkolepsie. Es treten jedoch familiäre Häufigkeiten auf, die eine erbliche Disposition zumindest möglich machen.

Regelmäßiger Rhythmus


Nach heutiger Kenntnis ist die Schlafkrankheit nicht heilbar – stattdessen gilt es, einen Weg zu finden, mit ihr zu leben. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Ausprägung der Krankheit ist die Behandlung individuell, sie wird häufig zusammen mit Schlafmedizinern über einen längeren Zeitraum entwickelt. Eine Reihe von Medikamenten hilft, etwa gegen Müdigkeit am Tag, gegen Kataplexien oder zur Förderung eines ruhigen Schlafs in der Nacht.

Wichtiger noch ist es, das Leben an die Krankheit anzupassen. So raten Experten zu regelmäßigen Schlaf- und Wachphasen. Gefahrensituationen wie Autofahren oder Kochen sollten nicht ganz vermeiden werden: Sinnvoll ist es, diese Tätigkeiten auszuüben, wenn das Risiko eines ungewollten Schlafs gering ist. Betroffene sollten unbedingt die Familie, Freunde und Kollegen über die Krankheit informieren, um das manchmal seltsame Verhalten verständlich zu machen und im sozialen Umfeld ein weitgehend normales Leben führen zu können. Finden Narkoleptiker zu einem strukturierten Lebensstil, der es ihm erlaubt, die Krankheit zu beherrschen – und nicht umgekehrt von ihr dominiert zu werden, kann sich der Leidensdruck durchaus in Grenzen halten. Auch Humor zählt zu den heilenden Kräften.

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