CDG-Syndrom

Für ein ganz normales Leben

Von Katharina Lehmann · 2020

Tobias Puhe engagiert sich als Vorstand der Selbsthilfeorganisation Glycokids, dem Bundesverein CDG-Syndrom e. V. Damit gibt er Familien Hoffnung, deren Kinder an einem unheilbaren Gendefekt leiden. Puhe weiß genau, was diese Familien brauchen. Denn als Vater einer Tochter mit CDG ist er selbst betroffen.

Glückliche Familie lächelt in die Kamera. Thema: CDG-Syndrom
Tobias Puhe mit Frau und Tochter Anna

Am liebsten spielt Anna zurzeit Lama und Uno Flip. „Beide Spiele hat sie zu Weihnachten bekommen. Jetzt spielen wir die rauf und runter“, erzählt Annas Vater Tobias Puhe. Die Neunjährige liebt Gesellschaftsspiele; mit ihren Eltern spielt sie regelmäßig. Im Freien toben, über Klettergerüste jagen oder auf der Schaukel durch die Lüfte fliegen – das ist für Anna nicht möglich. Denn das Mädchen kann nicht eigenständig laufen, meist nutzt sie Rollstuhl oder Rollator. Anna leidet seit ihrer Geburt an CDG.

Congenital Disorders of Glycosylation – erblich bedingte Erkrankungen der Glykosylierung – sind genetische Stoffwechseldefekte der Glykoproteinbiosynthese. Damit alle notwendigen Proteine in den Zellen weiterverarbeitet werden können, benötigen sie Zuckermolekülketten. Diese Stoffwechselprozesse sind bei CDG allerdings gestört – die Proteine werden nicht optimal verwertet. Betroffene leiden unter neurologischen und organischen Störungen, die oft einhergehen mit Entwicklungsverzögerungen, Muskelschwäche und Koordinationsstörungen. Hinzu kommen Krampfanfälle oder Gerinnungsprobleme. „Es gibt allerdings kein einheitliches Krankheitsbild. CDG zeigt sich bei jedem Betroffenen anders, Symptome und Schwere der Erkrankung unterscheiden sich erheblich“, erklärt Tobias Puhe. So sind heute über 200 verschiedene Subtypen bekannt. In Deutschland gibt es etwa 300 Betroffene, weltweit rund 2.000.

CDG-Syndrom: Vom Betroffenen zum Helfer

Puhe hat sich intensiv mit der Erkrankung beschäftigt. Einen ersten Einblick in das Leben von Familien mit CDG-Kindern bekam er auf dem Familientreffen der Selbsthilfeorganisation Glycokids im Jahr 2013. „Damals haben meine Frau und ich zum ersten Mal andere betroffene Familien kennengelernt und gesehen: Diese Kinder sind zwar anders, aber auch willensstark und lebensfroh.“ Puhe gab diese Erfahrung so viel Kraft, dass er sich fortan selbst in der Selbsthilfeorganisation engagierte. Heute leitet er den Verein als Vorstand. Dieser organisiert die jährlichen Familientreffen, unterstützt Betroffene und vernetzt Familien mit auf CDG spezialisierten Ärzten und Forschern. „Wir arbeiten sehr eng mit dem Team um Professor Marquardt der Uniklinik Münster und mit den Biologen um Doktor Thiel der Uni Heidelberg zusammen.“ Gemeinsam suchen sie nach Therapiemöglichkeiten, derzeit probieren sie verschiedene Behandlungen, zum Beispiel die Gabe von Mannosezucker. „Außerdem loben wir alle zwei Jahre einen Förderpreis für Doktoranten aus, die zu CDG promovieren“, erklärt Puhe. Zu den Familientreffen fährt Puhe jedes Jahr. Er freut sich, wenn Anna mit den anderen Glycokids tobt und lacht. Doch auch außerhalb der Selbsthilfegruppe hat das Mädchen Freunde, ist in der Schule gut eingebunden. Für Tobias Puhe ist klar: „Anna führt ein glückliches Leben, und wir sind froh, dass wir sie haben.“

CDG früher erkennen

Oft wird CDG erst nach Jahren diagnostiziert, auch weil viele Ärzte nicht frühzeitig auf den seltenen Gendefekt testen. Das will der Verein ändern und Ärzte für die Erkrankung sensibilisieren. Doch auch Eltern sollten auf mögliche Symptome achten. Das sind:

• nach innen gekehrte Brustwarzen 

• auffällige Fettansammlungen im Gesäß- und Oberarmbereich 

• Muskelschwäche (Hypotonie)

• Ataxie (unsicherer Gang, unsicheres Greifen)

• Schielen

• Störung der Leberfunktion

• Gedeihstörung

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